Eine Galerie zum Fürchten: In Martin Roiders Werkstatt entstehen Krampusmasken und Perchtenmasken

Krampus-Masken schnitzen: Wie ein junger Salzburger seinen außergewöhnlichen Traum vom Handwerk lebt

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Wenn der Krampus kommt, hat oft ein junger Salzburger die Finger im Spiel. Martin Roider hat sich auf das Schnitzen von Krampus- und Perchtenmasken spezialisiert – mit großer Freude am Handwerk und ebenso großer Liebe zum Erschaffen furchterregender Masken. Warum sich der 28jährige Bildhauermeister das Geschäft mit dem Fürchten ausgesucht hat, haben wir ihn in seiner Werkstatt gefragt. Seine Antwort darauf und viele spannende Einblicke möchten wir Ihnen in diesem Beitrag und im Video gerne weitergeben.

Die Lust am Fürchten

Haben Sie sich heute schon gefürchtet? Wenn nein, dann laden wir Sie hiermit dazu ein. Horrorfilme, Halloween und Geisterbahn: Menschen lieben es, sich zum Spaß zu fürchten, zu erschrecken und zu gruseln. Es ist Nervenkitzel pur, wenn man es mit schaurigen Gestalten zu tun hat oder sich sogar selbst in so eine Figur verwandeln und andere Menschen erschrecken darf. Das Böse und Schirche wohnt wohl in jedem von uns, vermutlich kommt daher der Reiz.  

Kramperl in den Kopf gesetzt

Was für die meisten Menschen ein einmaliges Erlebnis in der Vorweihnachtszeit ist, ist Martin Roiders Tagesgeschäft. In St. Koloman in Salzburg arbeitet er das ganze Jahr über an Krampus- und Perchtenmasken, die bei Schauläufen und Krampusbesuchen zum Einsatz kommen. „Alles Auftragsarbeiten“, betont er. Denn die Wünsche seiner Kunden sind sehr konkret, manchmal auch sehr ausgefallen, aber jedenfalls so individuell, dass Martin Roider jedes Werkstück einzigartig gestalten möchte.

Ein Meisterstück aus Holz: Martin Roider beherrscht sein Handwerk und beeindruckt mit Kreativität
Eine von vielen: Jeden Tag entstehen in der Krampuswerkstatt schaurige Masken.

Charakterköpfe, wohin das Auge reicht

Wir treffen Martin in seiner Werkstatt. Wohlgemerkt im August, bei sommerlicher Hitze und Ausblick auf die grüne Salzburger Berglandschaft. „Im Herbst hab‘ ich keine Zeit, da ist Hochsaison“, bekommen wir als erste Antwort auf unsere Interviewanfrage von dem immer gut gelaunt wirkenden Handwerker. Das lässt uns aber von unserem Vorhaben nicht abbringen, diesen schwer beschäftigten jungen Mann zu besuchen. Als wir in die Werkstatt eintreten, ist die Vorweihnachtsstimmung sowieso ganz plötzlich da. Ein Blick auf seine Ausstellungswand reicht, und das Gefühl aus Kindertagen, wenn der Krampus auf einmal vor einem steht, erfasst uns augenblicklich.

Viele Augenpaare starren uns an und sorgen unweigerlich für ein etwas mulmiges Gefühl. Wir fragen uns, wie aus einem einfachen Stück Holz so viel Ausdruck entstehen kann und blicken dabei ins mit Abstand freundlichste Gesicht im Raum, jenes von Martin Roider. Er lacht. Er ähnelt seinen Masken nicht im Geringsten – im Gegenteil. Seine jugendliche, herzliche und lustige Ausstrahlung lässt nicht darauf schließen, dass sich der resolute Salzburger täglich mit den düsteren Gesellen der dunklen Jahreszeit umgibt. Charakter bewies er jedoch bereits im zarten Alter von neun Jahren, erzählt er uns, als er uns Kaffee serviert, und wir beim Blick aus dem Panoramafenster der Werkstatt die Salzburger Idylle genießen.

Werkzeug statt Maske

„Als ich meinen Vater um eine eigene Krampus-Maske bat, um bei einem Krampuslauf mitmachen zu können, hat er mir keine gekauft. Ich hab‘ stattdessen einen Holzpflock von ihm und Werkzeug vom Opa in die Hand gedrückt bekommen“, berichtet Martin von der Geburtsstunde seines Berufswunsches. Denn nach vielen Arbeitsstunden war die erste eigene Krampusmaske fertig und für den Bub klar, was er später einmal beruflich machen würde. Die rote, von Kinderhand geschnitzte Maske hängt heute noch als Erinnerung in der Werkstatt.

Daneben die vielen weiteren Charakterköpfe: Schaurig schirch, angsteinflößend, böse und gemein. Bis auf den Nikolaus findet man keine Maske, die einen keine Angst einjagen würde – und selbst dieser Nikolaus weist eine gewisse Strenge auf. Was Martin dennoch mit diesen Köpfen gemein haben könnte? Möglicherweise den Sturschädel, den man wohl braucht, wenn man mit dem Lehrabschluss in der Tasche ohne Umschweife den Weg in die Selbständigkeit antritt.

Handwerk in die Wiege gelegt

Dass Martin einen Handwerksberuf ergreifen würde, war vorprogrammiert und auch von den Eltern erwünscht. Die Eltern sind Handwerker und haben die Freude am Handwerk an ihren Sohn weitergegeben. Weniger Freude hatten die Eltern hingegen mit Martins Spezialisierung auf Bildhauerei. „Die Eltern waren besorgt, ob ich damit meinen Lebensunterhalt finanzieren könne“, versteht Martin die Bedenken der Eltern. 2016 legte er schließlich seine Meisterprüfung zum Holz-, Metall- und Steinbildhauer ab und eröffnete seine erste eigene Werkstatt im Keller des Elternhauses. Mittlerweile hat er seine neue Werkstatt im eigenen Haus eingerichtet.

Jeder Handgriff sitzt: Zwischendurch wandert Martins Blick immer wieder zur Skizze, wenn der Holzblock mit Hammer, Meißel und Stemmeisen bearbeitet wird.

Wie eine Maske entsteht

„Ein Maurer kann auch kein Haus bauen, wenn er keinen Plan hat,“ erklärt Martin und setzt sich mit Bleistift und Papier zum Tisch. Wenige Augenblicke später hat er einen weiteren Charakterkopf erschaffen. „Das lernt man in der Ausbildung,“ so der Bildhauer nüchtern.

Kettensäge, Hammer, Meißel, Stemm- und Schnitzeisen

Der Rohling wird schließlich so lange mit der Kettensäge bearbeitet, bis die Feinarbeiten mit Hammer und Meißel anstehen. Immer wieder wandert Martins Blick zur Skizze, während er mit Stemm- und Schnitzeisen den Pflock aus Weimutskiefer bearbeitet. Ausgangsmaterial ist ein Stammviertel des besonders leichten und weichen Holzes. Andere Hölzer wie beispielsweise die Zirbe wären nicht frei von Ästen und daher schwieriger zu verarbeiten. Inklusive Bemalung und Haarteil- bzw. Fellmontage dauert die Herstellung einer Maske eineinhalb bis zwei Arbeitstage.

Voll im Trend: Traditionelle Masken und moderne Einflüsse

Wir erfahren, dass der Trend zu Krampusmasken und Perchtenanzügen ungebrochen ist, in den letzten Jahren ein Hype zu beobachten war. Krampus- und Perchtenläufe erfreuen sich großer Beliebtheit. Was in den westlichen Bundesländern Österreichs noch sehr traditionell gewünscht und gestaltet wird, ist anderenorts kommerzieller und moderner: In Gastein (Salzburg) achtet man besonders drauf, dass die Kramperl traditionell gefertigt werden. Es sind hier beispielsweise nur die Farben Schwarz, Weiss und Rot für die Bemalung zulässig. „Im Pinzgau und Pongau wird auch noch der alte Begriff der „Holzlarven“ für die Masken verwendet,“ weiß Martin. Egal welcher Stil gefragt ist, er ist breit aufgestellt und erfüllt alle Kundenwünsche. Mit dem Kinofilm „Der Herr der Ringe“ sind neue Stile bei Masken hinzugekommen. Seither sind Orks (nicht-menschliche, fiktive Wesen, deren Name sich vom lateinischen Begriff „Orcus“ für Unterwelt ableitet) in Martins Werkstatt eingezogen. Nicht nur optisch, auch bei der Herstellung der Masken sind neue Verfahren im Einsatz. So werden manche Masken aus Aluminium gegossen oder aus Silikon gefertigt.

Silikonmasken wirken besonders echt, da man mit diesem Material die menschliche Haut gut nachahmen kann.

Moderne Masken: Die Begeisterung für furchteinflößende Fantasiefiguren nahm seit erfolgreichen Kinofilmen wie "Der Herr der Ringe" zu.
Ein Meisterstück des Bildhauers Martin Roider: der mahnende Nikolaus, veredelt mit Blattgold

Ganz traditionell ist Martins Nikolaus, der aufgrund der Ölbemalung und Blattgoldveredelung besonders mächtig wirkt. Bildhauer hätten vor 300 Jahren genauso gearbeitet, erklärt uns Martin, der offenbar jedem Stil gerecht wird.

Kramperl und Perchten: was ist der Unterschied?

Martin ist seit Kindheit selbst in einem Verein und besucht am Krampustag gemeinsam mit einem Nikolausdarsteller Familien. Der Krampus tritt als Begleiter vom Nikolaus auf und bestraft üblicherweise die schlimmen Kinder – so lautet auch heutzutage noch die Interpretation der althergebrachten Figur, auch wenn uns allen bewusst ist, dass die neue Pädagogik sich gegen diese Erziehungsmaßnahme stellen würde. Die Perchten hingegen sind nur in den Rauhnächten rund um Weihnachten und Neujahr unterwegs, die den Winter vertreiben und Fruchtbarkeit und Gesundheit bringen sollen. Zum Fürchten schön sind jedenfalls alle Masken, die wir an diesem Tag in der Werkstatt entdecken.

Einblicke in Martins Handwerksberuf und seine Werkstatt sehen Sie in diesem Video und der Fotogalerie:

Wir danken Martin für die Einladung in die Krampus-Werkstatt und das Gespräch und wünschen ihm weiterhin viel Erfolg! Weitere Informationen zu seiner Person, seiner Werkstatt und seinen Arbeiten findet man hier: Bildhauer Martin Roider

Leidenschaft fürs Handwerk

Wir haben Ihr Interesse an Reportagen geweckt, in denen wir die Leidenschaft fürs Handwerk zeigen? Dann klicken Sie gerne in folgende Berichte:

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