Das Bedienen von alten Maschinen, deren mechanische Prozesse seit 500 Jahren dieselben sind, begreift Alfred Pfeifer als Privileg. In seiner Werkstatt in Wien verschafft er dem klassischen Buchdruck einen modernen Twist – mit viel Handwerkskunst entstehen stilvolle Visitenkarten, feinste Briefpapiere oder ausgefallene Einladungen. Wir haben den sympathischen Druckmeister in seiner „Atelierwerkstatt“ besucht und durften ihm bei seiner Arbeit über die Schulter blicken.
Fühlen führt zur Erfüllung
Wie der Firmenname verrät, ist die Atelierwerkstatt Wien ein Atelier für grafisches Design und eine Werkstatt für Letterpress im 6. Wiener Gemeindebezirk. Leidenschaft für Typografie, aber genauso die Herstellung von feinsten Drucksorten sind an diesem authentischen Ort das Credo. „Moderne Gestaltung und exklusive Handwerkskunst finden in der Atelierwerkstatt zu einer seltenen Liaison“, wie Inhaber Alfred Pfeifer es ausdrückt.
Nicht nur das Warten der alten Maschinen ist für den Drucker eine hingebungsvolle Aufgabe. Insbesondere das Hantieren mit Schrift in Form von alten Holz- und Bleilettern – etwas angreifen zu können – und mit diesen doch limitierten Mitteln außergewöhnliche Dinge zu schaffen, empfindet er als großes Geschenk.
In der Atelierwerkstatt bedient man sich aber auch neuerer Hilfsmittel, wie etwa Software, Computer oder anderen neuen Technologien. Doch wesentlich ist für Pfeifer „was dahinterkommt“. Gemeint sind die mechanischen Vorgänge des Buchdrucks, welche seit 500 Jahren unverändert geblieben sind.
Beim Drucken fühlt der Mensch nicht nur die einzelnen Buchstaben, wenn sie beispielsweise auf edles Papier gedruckt aus der Maschine kommen. Für Alfred Pfeifer ist es weit mehr: Ihn führt das Fühlen zu seiner Erfüllung. Genau das macht für den Meisterdrucker den Reiz einer jahrhundertalten Technik aus – die Fühlbarmachung von Schrift.
Fühlbarmachung von Schrift
Der Druckmeister hatte seit jeher mit dem grafischen Gewerbe zu tun und immer schon eine große Affinität zu Typografie. Zunächst verschlug es den gelernten Grafikdesigner als Art- und Kreativdirektor in große Agenturen. Vor etwa 15 Jahren entschied der Gestalter, seiner Karriere nochmals eine neue Richtung zu geben, um sich dem alten Gewerbe des Buchdrucks zu widmen. Zum damaligen Zeitpunkt war es nicht möglich, eine Lehre in der üblichen Form als Buchdrucker:in zu absolvieren. Kurzerhand suchte sich Pfeifer einen noch praktizierenden Buchdrucker mit Erfahrung, der ihm die wichtigsten Dinge zeigte.
Schon als junger Grafikdesigner ließ sich Pfeifer von Buchdrucker:innen, die mit Bleilettern arbeiteten, edle Visitenkarten anfertigen. Als quasi „door-opener“ verwendet er eine Insider-Botschaft, um genau zu erhalten, was er suchte: „Bitte drucken’s mir’s mit einem ordentlichen Schani“. Schani war, wie Pfeifer liebevoll den Buchdruck-Lehrling nennt, jemand, der:die dieses Handwerk noch nicht bis zur Vollendung beherrschte. Im Handwerk gibt es nämlich einen berühmten Satz: „Die Typen (gemeint sind die Lettern), dürfen das Papier nur küssen. Das heißt, die Buchstaben durften keinen Eindruck im Papier hinterlassen – das war damals die große Kunst“, erzählt Pfeifer.
Papier sollte nur sanft geküsst werden.
Der Grund, warum dieses Gewerbe nach wie vor Anklang findet, erklärt uns Pfeifer, ist eben die „Handschrift“ des „Schanis“. Letzten Endes ermöglicht diese Technik es, schöne Prägungen in weiches Papier zu machen. „Daher ist – was damals verpönt war – heute gefragt“, betont der Drucker.
Mit antiken Maschinen zu arbeiten und außergewöhnliche Kunstwerke zu schaffen, darin liegt der Reiz für den Buchdrucker. Immerhin wurde der Buchdruck Mitte des 15. Jahrhunderts von Johannes Gutenberg erfunden.
Es ging immer schon um das Wort, die Schrift und um Kommunikation.
Dieses Druckverfahren blieb im Großen und Ganzen bis in die Sechzigerjahre fast unverändert. Wobei Pfeifer einräumt, dass der alte Buchdruck limitiert ist – zugleich liegt aber hierin die Faszination. Im Endeffekt ist es immer wieder eine neue Herausforderung, mit limitierten Mitteln umzugehen, mehr, als wenn einem alle Möglichkeiten zur Verfügung stehen, verdeutlicht er. Somit kristallisiert sich an diesem Punkt für den Buchdrucker heraus, was echte Qualität ist.
Bändigen der Druckmaschinen
Das Hantieren mit Maschinen, die erstmals „gebändigt“ werden müssen, sind Teil der Aufgabe eines Buchdruckers. Deswegen braucht es eine gewisse Affinität zu Maschinen, um diese warten und reparieren zu können. Pfeifer informiert uns, dass diese antiken Buchdruck-Maschinen kein Ablaufdatum besitzen. Die Maschinen sind so gebaut, dass sie bei guter Pflege locker weitere 100 Jahre funktionieren. So hat die „Victoria-Tiegeldruckpresse“ in seiner Werkstatt längst 100 Jahre und der „Heidelberger-Tiegel“ schon 60 Jahre auf dem Buckel.
Alfred Pfeifer hat all seine Maschinen selbst aufgespürt, zusammengesammelt, geputzt, repariert und restauriert, demzufolge hängt sein ganzes Herz an den unverwüstlichen Druckapparaten. Der Inhaber würde sich wünschen, wenn er eines Tages die Werkstatt nicht mehr betreiben kann, dass es jemand gäbe, der sein Atelier in seinem Sinne weiterführt. Wobei dies schwierig werden könnte, denn es sind viele Aufgaben parallel zu erledigen, gibt er zu bedenken. Die Aufgaben reichen von der Buchhaltung über die Betreuung der Maschinen bis zum Einkauf und zur Papierbestellung.
Und genauso vielfältig, wie seine Tätigkeiten ist die Kundschaft in der Atelierwerkstatt. Seien es Privatpersonen, die beispielsweise mit einem stilvollen Design zum Fest laden oder große Unternehmen, die mit Firmendrucksachen ihrer Geschäftskorrespondenz eine persönliche Note vermitteln möchten.
Zukunft für Buchdrucker:innen
Das Handwerk des Buchdruckers ist beinahe völlig ausgestorben. Lehrstellen im Buchdruck gibt es kaum. Dies führt der Druckmeister vor allem darauf zurück, dass sein Produkt ein Nischendasein fristet, da es nur begrenzt Interesse und damit Ressourcen gibt. „Drucken ist wunderschön, aber auch sehr teuer“, bringt es Pfeifer auf den Punkt.
Drucken ist wunderschön, aber auch zeit- und materialintensiv.
Obwohl der Buchdruck zeit- und materialintensiv ist, wird es immer einen kleinen Markt geben, ist sich Pfeifer gewiss. Wie in anderen Handwerksberufen, die wirtschaftlich keine Relevanz mehr spielen, gibt es Menschen, die die alte Handwerkskunst am Leben erhalten, ausüben und Freude daran haben.
Für den Buchdruck, auf dessen antiken Druckmaschinen Unikate entstehen, die den unvergleichlichen Charme einer Epoche atmen, die auf Kunstfertigkeit und Sorgfalt gegründet war, wird es immer einen kleinen Markt geben.
Leidenschaft fürs Handwerk
Unter diesem Titel “Leidenschaft fürs Handwerk” holt Würth Österreich Handwerksbetriebe vor den Vorhang, zeigt ihre Besonderheiten und porträtiert die Menschen, die ihrem Beruf mit Leidenschaft nachgehen. So wie das Schmiedehandwerk ist auch der Beruf der Buchdrucker:innen mit vielen Challenges verbunden. Wir möchten Handwerkerinnen und Handwerkern in diesem Format die Möglichkeit geben, ihren Beruf und ihre Leidenschaft fürs Handwerk zu zeigen sowie zu beleuchten, wie sie ihre täglichen Herausforderungen meistern. Egal ob altes Handwerk oder neue Berufe – wenn auch Sie Teil unseres Themenschwerpunkts werden wollen, freuen wir uns über Kontaktaufnahme via content@wuerth.at.